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Rita Waschbüsch im Interview über Donum Vitae und den „synodalen Weg“
 
Am 24. September 1999 gründeten Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) um Rita Waschbüsch nach dem Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung den Schwangerenberatungsverein Donum Vitae. In meinem Interview für die Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) spricht Waschbüsch (79), die sich Mitte September vom Bundesvorsitz zurückgezogen hat, über die Anfangszeit der Initiative, das aktuelle Beratungsangebot und die neue Anerkennung von Donum Vitae durch die Deutsche Bischofskonferenz. 

 

 Frau Waschbüsch, wie blicken Sie als Mitbegründerin von Donum Vitae auf die Anfänge vor 20 Jahren zurück?
 
Waschbüsch: Nachdem von Rom erzwungenen Ausstieg der katholischen Kirche in Deutschland aus der staatlichen Schwangerenkonfliktberatung war eine Lücke entstanden, die wir unbedingt schließen wollten. Bei der Gründung waren wir eine kleine Runde. Doch die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und wir fanden schnell viele Unterstützer und Mitmachwillige. Wir hatten anfangs zwar weder Geld noch Räumlichkeiten oder Beraterinnen. Das hat uns aber nicht abgeschreckt. Wir wollten mit allen unseren Plänen gegenüber Wohlgesonnenen, aber erkennbar als katholische Christen, etwas Neues aufbauen. Uns kam dabei zugute, dass viele der gut qualifizierten Beraterinnen aus den kirchlichen Stellen zu uns wechselten, auch weil sie ja ab 2001 die so wichtige Schwangerenkonfliktberatung dort nicht mehr in der bisherigen Form durchführen durften.

 


Wie war damals die Stimmung innerhalb des ZdK? War die Gründung unumstritten?
 
Waschbüsch: Wir haben damals in zwei Vollversammlungen intensiv das Thema diskutiert, nicht zuletzt, weil eine kleine Gruppe im ZdK die Gründung abgelehnt hat. Aber die ganz große Mehrheit stand hinter der Idee von Donum Vitae, sonst wäre die Gründung gar nicht so erfolgreich geworden.

 

 

Heute sind die Donum Vitae-Beratungsstellen halbe Familienzentren mit einem großen Beratungs- und Präventionsangebot. Andererseits ist das Personal oft knapp bemessen. Hätte es nicht auch bei der reinen Konfliktberatung bleiben können?
 
Waschbüsch: Wir bieten allgemeine Hilfe und Rat für jede Schwangere an und die Konfliktberatung, bei der die Frau einen Rechtsanspruch auf die Beratungsbestätigung hat. Die inzwischen erfolgten Erweiterungen der Aufgabenfelder haben mit gesetzlichen Neuregelungen zu tun, die wir ja auch selbst mit vorangetrieben haben. Wenn eine Frau heute beispielsweise nach Pränataldiagnostik weiß, dass sie ein behindertes Kind erwartet, dann ist sie bei Abbruchsabsicht von der Pflicht zur Beratung befreit. Aber ihr Arzt muss sie darauf hinweisen, dass es Stellen gibt, wo sie Hilfe und Beratung findet. Diese bieten wir an. Genauso läuft es auch mit Themen wie der Kinderwunschberatung, der vertraulichen Geburt, der speziellen Beratung behinderter Jugendlicher oder geflüchteter Schwangeren.  Natürlich könnten wir bei Donum Vitae sagen, wir bieten einfach nicht so viel an. Aber wir wollen ja umfassende Hilfen leisten. Diese ganzen weiteren Angebote sind eine sinnvolle Ergänzung bei unserem Anliegen, den Frauen in schweren Lebenssituationen zur Seite zu stehen. Leider bewilligen die zuständigen Bundesländer kaum mehr Personalstellen für die gewachsenen Aufgaben. 

 

 

Nach jahrelanger Distanz und oft auch Anfeindungen durch Vertreter der katholischen Kirche hat Donum Vitae in jüngster Zeit mehr Anerkennung erhalten, auch vom Bischofskonferenzvorsitzenden. Was hat aus Ihrer Sicht diesen Sinneswandel herbeigeführt?
 
Waschbüsch: Die Anfeindungen kamen ja vor allem auch aus der Fundi-Ecke von Laien und von einer Minderheit der Amtsträger. Besonders 2006 war ein bitteres Jahr für uns, als die Bischofskonferenz - ich vermute auf Drängen der Nuntiatur und von Kardinal Meisner - einen Abgrenzungsbeschluss verabschiedet hat. Dieser erklärte unseren Verein als außerhalb der Kirche stehend und untersagte kirchlichen Mitarbeitern das Engagement bei Donum Vitae sowie umgekehrt die Einstellung ehemaliger Donum Vitae-Mitarbeiter in den kirchlichen Dienst.  Im vergangenen November hat Kardinal Reinhard Marx nun einen Brief an ZdKPräsident Thomas Sternberg geschrieben, in dem er unsere Arbeit lobend anerkennt. Damit ist das Problem nun deutlich entschärft. Ich denke, das hat auch bei den meisten Bischöfen für große Erleichterung gesorgt. Ich bin auch überzeugt, dass Papst Franziskus ein Umdenken eingeleitet hat. Er macht die Bischöfe mutiger, im Sinne des Konzils eigenverantwortlicher zu handeln, und das kommt auch Donum Vitae zugute.

 
 
Mitte September hat die gemeinsame Konferenz von ZdK und Bischofskonferenz zum „synodalen Weg“ stattgefunden. Wie schätzen Sie diese ein?
 
Waschbüsch: Ich habe die Konferenz nur aus der Ferne von unserer Jahrestagung in Karlsruhe beobachtet. Mir scheint, dass da ein sehr gutes Klima herrschte. Wir befinden uns schon an einem besonderen Punkt: Die Bischöfe gehen zum ersten Mal einen Weg, auf gleicher Augenhöhe gemeinsam mit den Laien Lösungen für eine zukunftsfähige Kirche zu suchen.

 
 

Wie bewerten Sie den Brief, der die deutschen Bischöfe jüngst aus dem Vatikan erreichte und Vorbehalte zum „synodalen Weg“ bekundet?

 
 
Waschbüsch: Das ist im Vatikan nicht anders als bei weltlichen Behörden: Die nachgeordneten Bedenkenträger verschaffen sich Luft, wenn der Chef nicht nach ihrer Pfeife tanzt.
 
 
 Bischöfe und ZdK geben sich kämpferisch ... 


 
Waschbüsch: Ich hoffe, sie bleiben es.

 


 
Wird Donum Vitae in irgendeiner Form in den „synodalen Weg“ eingebunden?


 
Waschbüsch: Viele Mitglieder von Donum Vitae sind in kirchlichen Gremien vertreten und werden da ihre Überzeugungen einbringen. Aber wir sind und bleiben ein bürgerrechtlich organisierter Verein. Wir wollen als eine Initiative von Christen akzeptiert werden, die sich aus ihrem Gewissen und ihrer Glaubensüberzeugung heraus in der Gesellschaft für das Leben engagiert.
 
Sie sind von Ihrem Amt bei Donum Vitae zurückgetreten. Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Vereins?


 
Waschbüsch: Dass wir mutig unseren Weg weitergehen, viele jüngere Haupt- und Ehrenamtliche gewinnen können, um weiter an der Seite von Frauen in Not zu stehen. Denn wir halten Abtreibung für die frauenfeindlichste Lösung von Problemen. Von den kirchlichen Räten und Verbänden wünsche ich mir, dass sie wissen, dass Donum Vitae wegen seiner Gründungsgeschichte auch ihr Kind ist, das sie nicht allein und ungestützt in die Zukunft gehen lassen dürfen. Außerdem wünsche ich mir, dass Donum Vitae Zugang zu den bischöflichen Hilfsfonds für Schwangere erhält, um Müttern und Familien noch besser helfen zu können.
 
Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die Zukunft der Kirche?


 
Waschbüsch: Mit Hoffnung. Aber auch mit dem Wissen, dass es gilt, anzupacken und mit Gottvertrauen neue Wege zu wagen. Unsere Kirche wird nicht untergehen, aber sie wird sich wandeln, wie in vergangenen Jahrhunderten auch.


 
Nachdem Sie den Vorsitz bei Donum Vitae nun abgegeben haben, bleibt vielleicht etwas mehr Zeit in Ihrem Terminkalender. Was fangen Sie damit an?

 
 
Waschbüsch: Wenn man einmal in Politik und Kirche engagiert war, dann hört das ja so schnell nicht total auf. Ich bin noch in einigen anderen Bereichen ehrenamtlich tätig. Außerdem habe ich Kinder und neun Enkel zwischen 29 und 2 Jahren, die verstreut über die Republik leben. Da bin ich öfter mal unterwegs. Donum Vitae bleibe ich übrigens durch unsere Stiftung verbunden, in der ich weiter im Vorstand bin. Wir haben diese Stiftung 2003 besonders mit Blick auf neue Beratungsstellen zum Beispiel im Norden oder auch den neuen Bundesländern gegründet, um eventuell einen Solidaritätsfond für dortige Neustarts zu haben.
 

Dieses Interview erschien am 19. September 2019 im KNA-Journal und wurde unter anderem von katholisch.de veröffentlicht.

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