Maria 2.0 bewegt weiterhin das katholische Deutschland
Seit Jahresbeginn prägt „Maria 2.0“ mit ihrer Forderung nach Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche die Debatte in den Bistümern. Mit dem Streik tausender kirchlich engagierter Frauen hat die Initiative im Mai einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Die Aktivistinnen haben noch viel vor.
Neulich ist Andrea Keber wieder von Bekannten auf der Straße angesprochen worden: „Wir haben gelesen, was ihr da macht. Toll! Endlich mal eine gute Aktion!“ Die 'gute Aktion', das ist Maria 2.0 und aus dem Leben von Keber und ihren Mitstreiterinnen inzwischen nicht mehr wegzudenken. Als im Januar eine Frauengruppe aus Münster „Maria 2.0“ über Facebook startete, waren die Frauen aus der Pfarrei St. Franziskus in Nieder-Olm bei Mainz sofort entschlossen, mitzumachen. „Wenn sich in unserer Kirche etwas verändern soll, dann müssen wir es jetzt anpacken“, da war sich Andrea Keber, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, sicher. Gemeinsam mit Pfarrsekretärin Annette Pospesch und Regina Adams, der Trägerbevollmächtigten der Kita, trommelte sie weitere Frauen zusammen. Pfarrer Hubert Hilsbos unterstützte sie sofort. „Ich habe ihn gefragt, wie er zu dem Thema steht“, berichtet Regina Adams, „und er sagte: 'Es gibt nicht zu wenige Priester, es gibt zu wenige Priesterinnen.'“ Das habe sie bestärkt. Maria 2.0 bestimmt inzwischen den Terminkalender der Frauen. Nachdem sie in der Streikwoche ihre Ehrenämter niedergelegt haben und an Pfingsten vor dem Mainzer Dom demonstrierten, reisten sie im Juli zur Großdemonstration nach Münster. Ab September wird es regelmäßige Aktionen rund um den Mainzer Dom geben.
Protest zur Bischofsweihe
Ebenso wie die Gruppe aus Nieder-Olm hat auch Eveline Viernickel aus Freiburg- Rieselfeld über die sozialen Netzwerke von Maria 2.0 erfahren. Ende Juni organisierte sie mit ihrer Gruppe einen Demonstration vor dem Münster, während drinnen Christian Würtz zum Weihbischof geweiht wurde. Über 700 Menschen kamen. „Wir wollten den Bischöfen zeigen: 'Guckt hin, hier sind Frauen, die aus der Mitte eurer Gemeinden kommen, die eure Arbeit mit euch tragen.'“ Auf den Plakaten der Demonstrantinnen stand zu lesen: „2000 Jahre sind genug. Jetzt: Gleichberechtigung. Amen.“ oder „Wir können nicht nur Zopf. Wir können auch Mitra.“ Seither organisieren die Freiburgerinnen eine sonntägliche „Aufwache“ „immer von elf bis halb 12, wenn das Domkapitel aus der Messe kommt.“
Druck aufrecht erhalten
Einen der ersten Dialoge gab es bereits in Münster, wo die Bewegung ihren Anfang nahm. Nachdem das Schweigen des Bistums auf Maria 2.0 „schon sehr laut“ war, wie Mitinitiatorin Andrea Voß-Frick sagt, ist Bischof Felix Genn im Juni einer Einladung der Frauen gefolgt. Es sei ein gutes Gespräch gewesen. „Der erste Satz von Bischof Genn in unserem Gespräch war “Ich bin hier, um Ihnen zuzuhören“ und das hat er auch sehr aufmerksam und beeindruckend präzise getan.“
Ein weiteres Treffen sei nun in Planung.
„Wir müssen den Druck aufrecht erhalten“ sagt Voß-Frick. „Jetzt ist ein Punkt, an dem etwas verändert werden kann und das merken diejenigen, die etwas entscheiden können, auch.“ Darum sei eine gute Vernetzung wichtig, auch mit anderen katholischen Kreisen: „Mit der KFD hatten wir sehr schnell eine gute Zusammenarbeit. Ebenso mit der Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“, dem KDFB und weiteren in der katholischen Kirche engagierten Gruppen.“, sagt Voß-Frick. Die Maria 2.0-Gruppen netzwerken inzwischen auch untereinander. Ende August wird es ein Vernetzungstreffen für das Bistum Münster geben, zu Beginn der Bischofskonferenz in Fulda im September ist ein neuer Aufruf gemeinsam mit der KFD geplant.
Auf die Aktion zur Konferenz ist auch Barbara Vogler gespannt. Sie hat in Fulda, inspiriert von „Maria 2.0“ gemeinsam mit Irene Heigel die Initiative „Neuanfang in der katholischen Kirche“ begründet. Kurz nach der Streikwoche lud Bischof Michael Gerber fünf Frauen der Gruppe ein. „Es war ein wirklicher Dialog, wir haben uns ernst genommen gefühlt. Natürlich waren wir etwas enttäuscht, weil er dem Thema Frauenpriestertum eine klare Absage erteilt hat“, berichtet Vogler. „Er will sich aber dafür einsetzen, dass Frauen auf anderen Ebenen mehr Verantwortung in der Kirche bekommen.“ Vogler sieht den guten Willen des Bischofs, will sich damit aber nicht zufrieden geben: „Es geht um Gleichberechtigung auf allen Ebenen. Vielleicht warten die Bischöfe darauf, dass sich die erste Begeisterung für Maria 2.0 legt und alles wieder beim Alten ist. Wir werden aber weiterkämpfen.“ Oder, wie Andrea Keber aus Nieder-Olm es formuliert: „Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Wir bleiben dran, es gibt uns auch in einem Jahr noch und wir werden immer mehr.“
Dieser Text erschien am 16. August 2019 bei der Katholischen Nachrichtenagentur und wurde uner anderem von katholisch.de sowie domradio.de veröffentlicht.