„Pfarrei im Porträt“

Die neue Sonderbeilage der Mainzer Kirchenzeitung ist online. Viel Spaß beim Schmökern!

Journalistin für Print- und Online-Medien im Rhein-Main-Gebiet

„Pfarrei im Porträt“

Die neue Sonderbeilage der Mainzer Kirchenzeitung ist online. Viel Spaß beim Schmökern!

Der Bibliolog ist eine relativ neue Form, die Bibel gemeinsam mit einer Gruppe neu zu entdecken.
Dr. Katrin Brockmöller, heute Direktorin Bibelwerk Stuttgart, hat die Methode 2009 mit ihren damaligen Kollegen ans Theologisch-Pastorale Institut (tpi) in Limburg gebracht. Im Interview erzählt sie, was es damit auf sich hat.

Vor zehn Jahren haben Sie den Bibliolog am tpi eingeführt. Wie kam es dazu?

Brockmöller: Ich hatte darüber gelesen und fand diese Idee des Zugangs zur Bibel toll. Dann haben wir im Team beschlossen, diese neue Fortbildungsmethode am tpi anzubieten. Mir gefällt am Bibliolog, dass ich darüber die Bibel persönlich erfahren kann. Da werden wie sonst häufig bei der Auslegung der Heiligen Schrift keine Unterschiede gemacht zwischen den „wissenden Theologen“ und den „unwissenden Laien“. Jeder kann ohne viel Hintergrundwissen mitmachen.

Was genau geschieht bei einem Bibliolog und wie unterscheidet er sich zum Bibliodrama?

Brockmöller: Ein Bibliolog gestaltet sich für die Teilnehmenden ganz einfach. Die Leitung führt zunächst die Gruppe zu einer bestimmten Bibelgeschichte hin. Dann wird der Bibeltext vorgelesen und unterbrochen, damit sich genau in diesem Moment der Geschichte alle in eine biblische Figur hineinversetzen. Zum Beispiel, wenn Jesus am See Genezareth ist und Petrus trifft. Da werden die Zuhörer etwa gefragt: „Petrus, wie ist es für dich, hier Fischer zu sein?“ Sie können, müssen sich dann aber nicht zu Wort melden. Ihre Antwort wird dann nochmal vom Leiter „geechoed“, also nochmal wiedergegeben, damit sie ganz sicher gehört und verstanden wird. So geht man Stück für Stück in der Geschichte weiter. Im Unterschied zum Bibliodrama suchen sich die Teilnehmer nicht selbst eine bestimmte Rolle aus, die sie verkörpern. Vielmehr versetzt sich die gesamte Gruppe im Laufe der Geschichte in wechselnde Figuren hinein. Die Leitung ist dabei so eine Art Reiseleitung und bestimmt, wo die Gruppe etwas intensiver entdeckt.

Wer kommt zum Bibliolog und welche Rückmeldungen haben Sie bekommen?

Brockmöller: Die Kurse am tpi besuchen vor allem Hauptamtliche im kirchlichen Dienst. Ich habe aber auch schon Kurse für Menschen gegeben, die sich ehrenamtlich in ihren Gemeinden engagieren. Voraussetzung ist, dass man Bibeltexte mag und neugierig auf sie ist – und dass man den Menschen in der Gruppe aufmerksam begegnen kann. Die meisten Teilnehmenden sind begeistert nach dem Kurs, weil sie ein neues Handwerkszeug erlernt haben, um gemeinsam mit anderen die Bibel zu erforschen. Die Kurse tragen immer den Untertitel: „Weil jede/r was zu sagen hat“ – und genau das erlebt man beim Bibliolog. Viele Menschen bekommen dadurch eben einen tieferen Bezug zu einer Bibelstelle, als wenn sie „nur“ der Auslegung eines Predigers lauschen.

Bietet die Methode auch Chancen für den interreligiösen Dialog?

Brockmöller: Ja. Es gibt im Netzwerk auch jüdische Trainer/innen! Einige versuchen die bibliologische Arbeit mit Texten aus Koran und Bibel, das ist aber eher kompliziert. Schon allein deshalb, weil der Koran wenig einfache „Erzählungen“ bietet.
In der innerchristlichen Ökumene ist das Netzwerk Bibliolog meines Erachtens ein echtes Beispiel sehr guter praktischer Ökumene! Im Netzwerk treffen sich meines Wissen so gut wie alle christlichen Kirchen auf Augenhöhe. Die Bibel verbindet uns alle.

Haben Sie eine Erinnerung an einen besonders schönen Bibliolog-Moment?

Brockmöller: Bei der Geschichte des barmherzigen Vaters  kommt ja die Stelle, in der der jüngere Sohn fortgeht. Wir haben nun im Bibliolog die Möglichkeit, nicht nur nach den genannten Personen zu fragen, sondern auch nach denen, die wahrscheinlich noch im Hintergrund dabei sind. Ich habe also gesagt: 'Wo zwei Söhne und ein Vater sind, da ist wahrscheinlich auch eine Mutter.' Und dann hat die Gruppe sich eben in die Mutter hineinversetzt und auf die Frage geantwortet, was ihr so durch Herz und Kopf geht, beim Blick auf ihre beiden Söhne, den Vater, … all diese Ereignisse gerade. So bekam die Geschichte nochmal einen ganz anderen Tiefgang.



Zur Person:  Dr. Katrin Brockmöller (*1973) war acht Jahre Dozentin am Theologisch-Pastoralen Institut der Bistümer Mainz, Trier und Limburg und ist seit 2014 Direktorin des Katholischen Bibelwerks e.V. in Stuttgart. Seit 2009 ist sie Bibliolog-Trainerin und gehört dem Bibliolog-Netzwerk an. www.bibliolog.de

Kurse

Seit 2009 haben am tpi über 300 Personen an Grund- und Aufbaukursen zum Bibliolog teilgenommen.(Quelle: tpi). Der Bibliolog wurde in den USA von Peter Pitzele entwickelt und kam in den 1990ern über die Theologie-Professorin Uta Pohl-Patalong nach Deutschland.

 

Dieses Interview erschein in gekürzter Form am 14. 11. 2019 in der Mainzer Bistumszeitung "Glaube und Leben" in der Rubrik "Moment mal".

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Ok