Frauen aus der Pfarrei St. Franziskus in Nieder-Olm beteiligen sich an Aktion Maria 2.0
Ab dem 11. Mai wird es leerer sein als sonst in den Kirchen der Pfarrgruppe St. Franziskus. Weil die Frauen fehlen. Viele sind dem Aufruf einer Frauengruppe aus Münster gefolgt und lassen ihre kirchlichen Dienste eine Woche lang ruhen. Damit wollen sie ein Zeichen setzen und Gleichberechtigung einfordern.
Auf den Buttons, die die Frauen der Gemeinde Sankt Franziskus in diesen Tagen tragen, ist das Logo von Maria 2.0 zu sehen: Ein Mensch, über eine Kirche gebeugt. „Wir küssen unsere Kirche wach!“, lautet das Motto dahinter. Die katholische Kirche wach küssen, das wollen Frauen aus ganz Deutschland, darunter auch die Gruppe aus Nieder-Olm. Neben den vielen Dingen, die sie an ihrer Kirche lieben, die sie zu einer Glaubensheimat für sie macht, gibt es doch auch anderes: Strukturen aus längst vergangenen Zeiten, Leid, Ungerechtigkeit. Für ein Miteinander in der Kirche auf Augenhöhe steht nun die Aktion Maria 2.0: Keine gewalttätige Aufruhr, wie man es von anderen Streiks kennt. Nein, die Geste auf dem Button ist eine der Zuwendung, ein Festhalten an der Kirche – trotz allem.
„Wenn sich etwas verändern soll, dann müssen wir es jetzt anpacken“, beschreibt Andrea Keber, warum sie sich zum Streiken entschlossen hat. Die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates von Sankt Franziskus in Nieder-Olm hat über Facebook von der Aktion einer Münsteraner Frauengruppe erfahren, die nun zu bundesweiten Streiks von Frauen in den Pfarreien führt (siehe Kasten).
Keber nahm das Thema mit in die PGR-Vorstandssitzung, „und da war ganz schnell klar, dass wir das auch tun müssen“, sagt Keber. „Pfarrer Hilsbos war bei diesem ersten Treffen dabei und hat uns gleich unterstützt“, berichtet Regina Adams, die ehrenamtliche Trägerbevollmächtigte der katholischen Kita ist. Sie habe ihn gefragt, wie er dazu stehe. „Und er sagte: 'Es gibt nicht zu wenige Priester, es gibt zu wenige Priesterinnen.' Das hat uns sehr beeindruckt und bestärkt.“ Ihnen sei bei dem Gespräch auch klar geworden, dass sie diesen Weg nicht ohne die Männer in der Kirche gehen wollen. „Besonders deren Rückendeckung brauchen wir, wenn ein Wandel gelingen soll“, sagt Andrea Keber. Darum unterstützt auch ihr eigener Ehemann Wolfgang die Aktion.
Katholisches Leben kommt fast zum Erliegen
Der Streik wird zu spüren sein in den drei Kirchen der Gemeinde, zu der auch Zornheim und Sörgenloch gehören. Allein 15 Frauen und Männer zählt das Organisationsteam. Sie haben viele Aufgaben in der Pfarrei übernommen, die nun ruhen werden: Der Powerclub für Jugendliche mit Handicap, den Keber mit anderen betreut, bleibt geschlossen. Monika Duhr und ihr Team von Brotkorb, Kleiderkammer und Schreibstube machen ihre Einrichtung eine Woche lang dicht. Antonita Moschner wird nicht im Brotkorb und in der Kirchenchorprobe erscheinen. Die Maiandachten, ein Ehemaligen-Wochenende der Kommunionkinder, der Seniorenkreis, der Seniorengottesdienst: alles fällt aus. Ohne Andrea Keber wird Pfarrer Hilsbos in der Woche auch ohne Gottesdienstvorbereitung, Liedblätter und Lektorenplan auskommen müssen. „Zwei Drittel unserer Ministranten sind Mädchen, viele wollen mitmachen“, so Moschner.
Viele haben sich schon lange abgewandt
Aus der Pfarrei und ihrem persönlichen Umfeld hätten sie bislang viel Unterstützung erfahren, „aber auch Gleichgültigkeit, weil viele Menschen in unseren Freundeskreisen schon lange von der Kirche abgewandt haben“, berichtet Adams. „Das hat natürlich auch mit den Strukturen zu tun. Viele empfinden das nicht mehr als zeitgemäß.“
Weil am Sonntag, 12. Mai, die meisten Frauen vor der Kirchentür bleiben werden, plant das Pfarrteam nun eine Wortgottesfeier mit anschließendem Picknick vor der Kirche St. Georg in Nieder-Olm. Am Dienstag, 14. Mai, wird das Team von Andrea Kerber auf dem örtlichen Markt sein, informieren und weitere Unterschriften sammeln. Keber hat den Link von Maria 2.0 an alle Pfarrämter im Bistum Mainz verschickt.
„Es geht uns nicht nur um die Gleichberechtigung von Mann und Frau bei diesem Streik, sondern auch um alle anderen belastenden Themen in unserer Kirche: die Sexualmoral, den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, den Pflichtzölibat.“, so die PGR-Vorsitzende. „All dies wären Gründe, zu gehen, die Kirche zu verlassen. Uns bleibt als einzige Chance: Die Erneuerung von innen heraus.“
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe zum 12. Mai 2019 der Mainzer Kirchenzeitung "Glaube und Leben".