„Pfarrei im Porträt“

Die neue Sonderbeilage der Mainzer Kirchenzeitung ist online. Viel Spaß beim Schmökern!

Journalistin für Print- und Online-Medien im Rhein-Main-Gebiet

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Die längste Beziehung im Leben der Menschen  - die sie sich noch nicht einmal ausgesucht haben: Geschwister. Manche sind früh tolle Teams, andere bleiben sich ewig fremd. Alles können Eltern nicht beeinflussen, sagt Erziehungscoach Nicola Schmidt - aber es gibt schon ein paar Dinge, die Mütter und Väter für eine gesunde und schöne Geschwisterbeziehung tun können.

KNA: Haben Eltern einen Einfluss darauf, ob Geschwister sich im Laufe ihres Lebens nahe bleiben?

Schmidt: Eltern haben definitiv einen Einfluss darauf. Entscheidend ist zwar auch das Temperament eines Menschen, das mit entscheidet, wie er sich mit einem anderen versteht. Nach aktueller Forschungslage spielen für die Entwicklung des Temperaments eines Menschen die Gene, die Situation der Schwangerschaft und die Geburt eine Rolle. Eltern können das aber beeinflussen, und zwar, indem sie versuchen, gut auf das jeweilige Temperament ihrer Kinder einzugehen. Das kann auch das Geschwisterverhältnis positiv beeinflussen – wenn jedes Kind so wahrgenommen und geliebt wird, wie es eben ist.

KNA: Wie kann man Geschwisterliebe fördern?

Schmidt: Das Wichtigste: Wenn ich als Vater oder Mutter will, dass meine Kinder positive Gefühle füreinander haben, dann muss ich auch die negativen Gefühle zulassen. Wenn etwa der kleine Bruder dem großen etwas wegnimmt und ihn ärgert, dann muss es okay sein, wenn das ältere Kind das äußert. Es muss erlaubt sein, dass es sagt: 'Ich finde das total doof von ihm.' Wenn wir stattdessen beschwichtigen und darauf bestehen, dass sich die Kinder vertragen sollen oder den Unmut eines Kindes über das andere kleinreden, erzeugen wir keine Nähe zwischen den Kindern.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass man die Kinder niemals vergleichen sollte. Dem einen vorhalten, wie lieb das andere grade ist und dass es sich gefälligst ein Beispiel daran nehmen soll, kann auf Dauer der Beziehung schaden und zu Streit, Frust und schlimmstenfalls Hass führen. Wenn man Erwachsene, die ein schlechtes Verhältnis zu ihren Geschwistern haben, nach dem Grund fragt, dann wird oft genannt, dass das Geschwister bevorzugt wurde, dass man sich selbst schon immer als schwarzes Schaf der Familie gefühlt hat. Was die Eltern von klein auf kommunizieren, hat eine große Wirkung und kann lebenslang seelische Wunden hinterlassen.
Was Nähe zwischen Geschwistern schafft, ist Gemeinschaft. Gemeinsame Projekte stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl. Wenn Kinder etwa zu zweit Aufgaben im Haushalt übernehmen, etwas zusammen basteln oder andere Dinge, die sie allein so nicht schaffen würden, werden sie ein Team. Eltern sollten das regelmäßig einüben und das gemeinsam Erreichten auch anerkennen und loben.

KNA: Spielen Altersabstand und Geschlechterfolge eine Rolle?

Schmidt: Statistisch gesehen streiten zwei Jungen mehr als zwei Mädchen oder Junge und Mädchen. Ebenso gibt es – statistisch gesehen – mehr Streit unter Kindern, deren Altersabstand weniger als drei Jahre beträgt. Das liegt schlicht daran, dass Kinder unter drei ihre Bedürfnisse noch nicht aufschieben können. Wenn ein neues Baby da ist, müssen sie das aber schon mal – was zu Konflikten führen kann. Wenn die Kleinkinderzeit vorbei ist, können diese Geschwister aber auch tolle Teams sein, weil sie durch den geringen Altersabstand ähnliche Interessen haben.


Vita:
Nicola Schmidt ist zweifache Mutter, Bestseller-Autorin, Diplom-Politologin, Wissenschaftsjournalistin, ausgebildeter Coach sowie Gründerin und Geschäftsführerin des artgerecht-Projektes.
Sie ist Mitglied der World Association for Infant Mental Health (WAIMH) sowie der Initative Babyfreundlich.org und arbeitet als Referentin für große Firmen sowie für den Kinderschutzbund und die Frühen Hilfen. Sie recherchiert, schreibt und lehrt seit 2008, was „artgerecht“ für menschliche Babys und Kleinkinder ist. Mit ihren Bestsellern "artgerecht, das andere Babybuch" , "Geschwister als Team" und "Erziehen ohne Schimpfen"gibt sie Hilfen für Erziehung und mentale Gesundheit in der frühen Kindheit.

 

Dieses Interview erschein am 9.1.2020 bei der Katholischen Nachrichtenagentur und wurde unter anderem bei domradio.de veröffentlicht.

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